Bernhard von Clairvaux
Der Impuls war im Falle des hl. Bernhard so mächtig, dass er mit 30 Gefährten in das „Neukloster“ Cîteaux eintrat, das in seiner Erneuerungsbemühung dem Scheitern nahe war. Tatsächlich gab es in dieser kleinen Gründungsgemeinde von 1098 bereits ein fest umrissenes Programm für ein Leben – ohne Zugeständnisse an die “Welt” – der Gottsuche in Armut, Loslösung, eigener Hände Arbeit, Schweigen und Gebet. Fundamentalismus also? Viel eher etwas, was heutigen Menschen im asiatischen Mönchtum selbst-verständlich erscheint. Wie zur Zeit des Umbruchs zwischen Antike und Mittelalter der hl. Benedikt (6. Jh.), so suchten jetzt viele im Umbruch nach der 1. Jahrtausendwende in der monastischen Weisheitserfahrung Befreiung und Erfüllung. Der Impuls war so geschichtsmächtig, dass aus kleinen Anfängen eine mächtige Bewegung wurde, die das Zisterzienserleben zutiefst angestoßen und geprägt hat. Nach 40 Jahren des öffentlichen Lebens des hl. Bernhard (+ 1153) überzog ein Netz von 338 Abteien Europa – ausgehend von Burgund – vom Baltikum bis Portugal, vom Polarkreis bis Syrien. Europa schien zisterziensisch werden zu wollen. Es war die „erste grenzüberschreitende Institution Europas (Multinationale)“ (Léo Moulin). Erstmals interessiert sich der Europarat für die alten Zisterzienserstraßen als Wege zur
Integration und als Fundament eines transnationalen Europas. Ihre Errungenschaften auf vielen Gebieten blieben wegweisend. So schufen sie mit Hilfe ihres Grundgesetzes „Charta caritatis“ 100 Jahre vor der ersten Demokratie in England Vorformen des Parlamentarismus als gesellschaftliche Organisationsform.