Der Eifel-Bildhauer Johann Baptist Lenz
von Alwin Ixfeld
Bildhauer und Mensch
Er ist ein Künstler, der sein Handwerk von Grund auf gelernt hat: Johann Baptist Lenz. Die Berufsbezeichnung „Bildhauer“ ist für sein künstlerisches Schafen eigentlich nicht umfassend genug. Ehrenmale hat er gestaltet, Altarräume zu neuem Leben erweckt, Brunnenanlagen kreiert und unzählige Plastiken. Ob Stein oder Metall, Lenz ist in jedem Material zuhause. Realistisch oder abstrakt, mal nah an der Natur, mal augenzwinkernd satirisch, lässt Lenz seine Werke zum Betrachter sprechen. Es lohnt sich, genau hinzusehen.
Sein Leben
Johann Baptist Lenz ist Eifeler durch und durch. 1922 in Oberkail geboren, lebte und arbeitete er bis zu seinem Tod im Jahr [ ] dort. Aber Lenz hat immer über den Tellerrand geschaut, mal unfreiwillig, als Soldat im Zweiten Weltkrieg, mal freiwillig. 1946 beginnt er mit ersten Versuchen im Steinmetz-Handwerk. Ein Jahr später kommt die künstlerische Form des Berufes, die Bildhauerei, hinzu.. Trier und Wittlich sind die ersten Stationen auf dem Weg zum Künstler; 1951 geht er nach München, studiert die Bildhauerei bei einem der damals ganz Großen, Jose Henselmann, an der Akademie der Bildenden Künste. Zwei Jahre hält es ihn n der Stadt, dann zeiht es ihn zurück nach Hause. Er baut sein Atelier, sein Haus und beginnt mit der Arbeit als Künstler. Ende der 1960er Jahre gründet er mit seiner Frau Maria eine Familie.
Sein Werk
Mit Ehrenmalen tritt Lenz ab Anfang der fünfziger Jahre gegen das Vergessen an. Die Frauen, Männer und Kinder, die Opfer des sinnlosen Krieges wurden, sollen damit für immer in Erinnerung gehalten werden. Rund 35 solcher Gedenkstätten hat Lenz geschaffen, überall in der Eifel. Die religiöse Symbolik der steinernen oder bronzenen Skulpturen oder Reliefs spricht von Tod, Truaer und Schmerz, aber auch von Hoffnung. Von Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod und von Hoffnung auf eine friedlichere Welt.
Wasser ist lebensnotwendig und damit werden Brunnen zu Symbolen des Lebens. Johann Baptist Lenz hat rund 20 gestaltet, mal ganz schlicht, mal abstrakt, mal als Geschichten erzählendes Werk. Da werden Erinnerungen an Personen wach gehalten, wie in Traben-Trabach an Ernst W. Spies, der immer grüßend und winkend auf seinem Fahrrad unterwegs war und, als begehrter Junggeselle, viele Frauenherzen höher schlagen ließ. In Eisenschmitt sorgt der Lenz’sche Brunnen dafür, dass die frühere Lebensader des Dorfes, die Eisenverarbeitung, nicht in Vergessenheit gerät. Gleichzeitig erzählt der Brunnen in der Dorfmitte Geschichten nach, die Clara Viebig in ihrem Buch „Das Weiberdorf“ festgehalten hat. Umrankt von Trauben und Reben, singt der Doctor-Brunnen in Bernkastel das hohe Lied des Weines. Biblische Szenen nehmen im Josefs-Brunnen in Stadtkyll Gestalt an: Josef der Zimmermann, Die Geburt Jesu, die Flucht nach Ägypten und der zwölfjährige Jesus, der im Tempel lehrt, belegen die Anfänge des Christentums. Zum Schmunzeln anregend gibt sich der Jahrtausend-Brunnen in Manderscheid, aber auch mahnend. Der leicht übergewichtige Schellenmann verkündet die Geschichte der Verbandsgemeinde Manderscheid; 21 Früchte hängen am Baum, von denen jede für eine Gemeinde der Verbandsgemeinde steht. Die Menschen können diese Früchte ihrer Arbeit und des Zusammenlebens pflücken und sich an der Ernte erfreuen.
Brunnen gestalten Plätze, aber sie können auch, wie früher die Dorflinde, ein Platz sein zum Erzählen. Und dazu müssen sie nicht immer aufwendig gestaltet sein. Manchmal genügen auch zwei, zur Schale aneinander gelegte Hände, wie in St. Thomas, um zu signalisieren, Wasser ist kostbar, weil lebensnotwendig.
Das Zweite Vatikanische Konzil hat den klaren Auftrag vom „Volks Gottes um den Altar“ gegeben. Die Folge: Altarräume in den Kirchen wurden umgestaltet. Maßgeblichen Anteil an Kirchenräumen, die auf zeitgemäße Art den Glauben vermitteln helfen, hat auch Johann Baptist Lenz. Borkum, Lingen, Saarlouis, Koblenz, Bitburg oder Neuerburg sind nur eine Orte, an denen Lenz seine symbolhafte oder narrative Sprache zum Ausdruck gebracht hat.. Jeder Altartisch, jeder Ambo, jeder Tabernakel, den Lenz geformt hat, erzählt in Bildern vom Glauben.
Religiöse Darstellungen haben Lenz in den Jahrzehnten seines künstlerischen Schaffens stets begleitet, auch außerhalb von Kirchenräumen. Der Kalvarienberg in Prüm ist eines der Beispiele. Hier steht seit 1980 ein großes Kreuz, das an die Explosionskatastrophe mit ihren vielen Toten erinnert. Sandstein und Bronze hat Lenz zehn Jahre später zu einem Kreuzweg komponiert, der den Weg zur neu errichteten Kalvarienberg-Kapelle weist. Modern und schlicht lädt der hier zu einem meditativen Spaziergang ein.
Madonnen-Figuren von klassisch bis modern hat Lenz von Anfang an geschaffen. Einer hölzernen Krippendarstellung, im traditionellen Stil, folgte Anfang der 50er Jahre eine stillende Steingut-Madonna im Sternenmantel. Skulpturen und Reliefs hat Lenz der Mutter Gottes gewidmet, mal naturalistisch, mal bildnerisch und auf das Nötigste reduziert, immer aber von tiefem Glauben geprägt.
Aber auch andere Gestalten der Bibel sind von Lenz künstlerisch interpretiert worden. Etwa der predigende Johannes der Täufer im härenen Gewand, dessen lang ausgestreckter Finger gen Himmel zeigt: Hinweis und Mahnung zugleich. Eine frühe Arbeit ist der verzweifelte Petrus, der sich, aus Scham über seine Verleugnung die Ohren vor dem krähenden Hahn zuhält.. Eva verführt Adam, mal naturalistisch in der Darstellung, mal stark stilisiert, reduziert auf den Torso des Weiblichen, sitzend auf dem Apfel.
Immer wieder hat Lenz sich den Menschen gewidmet; Mensch beim Spiel, bei der Arbeit oder einfach beim Nichtstun. Mit hintergründigem Humor beschreibt er Gespräche über den Gartenzaun hinweg oder den morgendlichen Tratsch von Fenster zu Fenster. Die Schnelligkeit mit der sich ein Gerücht verbreitet, karikiert Lenz als Kopf, der direkt auf Beinen im Laufschritt sitzt. Die Nachricht ist ein übergroßes Ohr, dem ein kleines Männchen etwas einflüstert.
Auch Tiere zeigt Lenz gern in Aktion. So findet sich in seinem Oeuvre ein stolz posierender Hahn, eine Pferdefamilie im Lauf oder eine Kuh, die ihren Hinterlauf leckt. Beinahe lebensecht hat Lenz ein schlüpfendes Küken modelliert, das mitten in einem golden schimmernden Gehege das Licht der Welt erblickt. Abstrakt dagegen ist die Darstellung einer Eulenfamilie: drei dreieckige Säulen mit übergroßen Augen.
Zum reichhaltigen Werk von Johann Baptist Lenz gehören natürlich auch andere, freie Formen, die oft hohe Anforderungen an ihre Betrachter stellen. Manchmal lockt die Interpretation, manchmal ist es nur der Genuss, das Auge über die Formen streifen zu lassen. Eines aber stimmt für alle Werke des Bildhauers: Sie verkünden eine Botschaft.