Hansjörg Albrecht begeisterte beim Himmeroder Orgelsommer
Himmerod. Das zweite Konzert des Himmeroder Orgelsommers mit dem Münchener Organisten Hansjörg Albrecht war ein eindeutiger Punktsiegt fürs Kloster, aber auch für die Kultur in der Region und insbesondere für das Instrument Orgel. Was kaum einer für möglich gehalten hätte, die „Königin der Instrumente“ hat es geschafft, an diesem Tag trotz WM-Finale „König Fußball“ in die Defensive zu drängen.
Schon eine halbe Stunde vor Konzertbeginn war die Himmeroder Abteikirche gut gefüllt, und als es dann losging, saßen dichtgedrängt mehr als 500 Zuhörer erwartungsvoll in den Bänken und auf den eilends herbeigebrachten Stühlen.
Dass Hansjörg Albrecht ein außergewöhnlicher Musiker ist, dass er ein, wie es seine Vita sagt, „musikalischer Querdenker“ ist, daran dürfte an diesem Nachmittag niemand gezweifelt haben. Schon das Programm war mehr als außergewöhnlich. Am Beginn stand Händels berühmte Feuerwerksmusik, ein fulminates Werk, im Original für Orchester geschrieben. Doch das Werk ließ in der Bearbeitung Albrechts auf der Himmeroder Orgel nichts vermissen. Ganz im Gegenteil! Ob Fanfaren, Trompeten oder Oboen, all das, was die Besonderheit der Originalpartitur ausmacht, hat die Klais-Orgel zu bieten. Und mehr noch: Händel war im Gegensatz zu Bach kein bescheidener Asket, seine Musik ist üppig und verlangt – dem königlichen Umfeld angemessen – oft nach großer Besetzung. Da konnte Hansjörg Albecht immer wieder eindrücklich demonstrieren, welche Kraft und Fülle in der Himmeroder Orgel steckt.
Als meditatives Zwischenspiel erklang Messiaens „Das himmliche Gastmahl“, bevor mit Mussorgskis „Bilder einer Ausstellung“ abermals der große, volle Orchesterklang von der Orgel abverlangt wurde. Auch dieses Stück hat Albrecht eigenhändig für Orgel bearbeitet. Dabei hört man, dass er als Dirigent sehr vertraut mit der Orchesterparitur ist. Es war geradezu phänomenal, welche Klangfarben er der Himmeroder Orgel zu entlocken vermochte, oder wie er immer wieder nahtlos fließende Übergänge der Klangfarben in den Raum modelierte. Da durfte die Frage schon erlaubt sein: Braucht man angesichts eines so geschickten Organisten, der höchste Virtuosität mit innig-sensibler Musikalität verbindet, überhaupt noch ein Orchester?
Für Himmerod ist die Antwort eindeutig: Wer ein solches Instrument hat, kann auch (mal) auf ein Orchester verzichten. Die Orgel von Himmerod ist seit jeher ein ganz besonderes Instrument, quasi das „Flaggschiff“ der Region. Es hat ganze Generationen von Organisten und Orgelbauern fasziniert, und nach der jüngst abgeschlossenen Sanierung und Nachintionation sicherlich nochmals an Qualität gewonnen. Diese Orgel verbindet Kraft und grundtönige Fülle mit erlesenen Flöten und singenden Principalen, sonore Bässe mit charakteristischen Solofarben … und sie vermag versierte Organisten zu inspirieren.
Und ganz nebenbei hat das Konzert auch wieder gezeigt, dass es in der Region schon lange Kultur auf allerhöchstem Niveau gibt, die sich mühelos gegen so manches subventionierte Hochglanz-Festival behaupten kann.
Wolfgang Valerius