Eine wahre Königin unter den grauen Instrumenten erstrahlt in neuem Glanz

Sanierungsarbeiten an der Orgel abgeschlossen

Unter der Überschrift „Am Ende“ hat das „FAZ Magazin“ in seiner März-Ausgabe 2018 mit eindrucksvollen Bildern und ehrlichen Worten über die Gründe für die Auflösung des Himmeroder Konvents berichtet. Gegen Ende des Beitrags steht dann zu lesen, dass das „Leben erst einmal weiter“ geht.

In der Tat ging und geht das Leben in Himmerod (fast) nahtlos weiter. Inzwischen sind die Brandschäden in der Abteikirche beseitigt, so dass sie Ende Mai unter beachtlicher Anteilnahme der Bevölkerung wieder eröffnet werden konnte. Nun ist auch die weltbekannte Orgel des Klosters wieder vollkommen hergestellt und für das Eröffnungskonzert des Himmeroder Orgelsommers voll einsatzbereit. Eben diese „Himmeroder Orgel“ steht weit über regionale Grenzen hinaus, und dies nicht nur für kulturinteressierte Menschen, als Synonym für das Kloster im abgelegen Salmtal der südlichen Eifel. Und auch in Fachkreisen gilt dieses Instrument bis heute als ein Meilenstein im deutschen Orgelbau zu Beginn der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Zugegeben, die Orgel der Abtei Himmerod entspricht nicht unbedingt den Vorgaben der Zisterziensischer nach Bescheidenheit. Eher schon die zeittypisch äußerlich schlichte Gestaltung, die sich harmonisch in den schmucklosen Raum der gewaltigen Basilika einpasst. Mit über 4000 Pfeifen kann sie eine enorme Klangfülle produzieren, die sich bei einer Nachhallzeit von etwa 8 Sekunden zu majestätisch-erhabener Größe steigern kann.

Erbaut wurde das Instrument 1962 von der Orgelbaufirma Johannes Klais aus Bonn, eine der bis heute renommiertesten deutschen Orgelbaufirmen. Das mit dem Bau der Himmeroder Orgel ein „Wurf“ gelungen“ war, zeigte sich sehr schnell. Denn bald schon gehörte Himmerod zum „Pflichtprogramm“ vieler Organisten, Orgelbauer und -liebhaber, nicht zuletzt auch, weil es in Himmerod einen begnadeten Pater gab, der aus einer gewöhnlichen Vesper eine farbenfrohe Symphonie zu improvisieren verstand. Aber auch für die Firma Klais war das Himmeroder Werk in diesen Jahren ein viel aufgesuchtes Vorzeigeobjekt.

Das Besondere an Himmerod aber ist bis heute, dass es gleichwohl ein Instrument von zeittypischem Stil ist, dennoch aber nicht eindeutig in Stil-Schubladen einzuordnen ist. Im Gegensatz zu vielen Orgelneubauten der letzten Jahre beschwört Himmerod weder die Retrospektive einer Kopie, noch ergibt es sich der vielfach anzutreffenden Ideenlosigkeit des Hier und Jetzt. Vielmehr ist noch immer beim Spielen wie Hören der Wille der Erbauer von damals zu spüren, aus der Tradition heraus Neues und Innovatives zu schaffen.

Was sich zunächst dem Betrachter als eher unscheinbar gegenüberstellt, offenbart sich dem Hörer schnell von seiner vornehmsten Seite: ein eher zurückhaltender, zuweilen weicher, ja warmer Klang, der in seiner edlen Noblesse charaktervoller kaum sein kann. Dies vielleicht und gerade auch als ein Gegensatz zur eher kargen und rauen Eifel-Landschaft, die das abgelegene Kloster umgibt. Und dass all dies ausgerechnet fernab der vermeintlichen musikalischen Zentren geschehen konnte, ist sicherlich eine der vielen Widersprüchlichkeiten dieses Ortes. Es spricht aber noch heute von der – zuletzt leider nicht mehr vorhandenen – Kunstinnigkeit der damals agierenden Mönche. Für die Himmeroder Orgel indes treffen nach wie vor die vielzitierten Worte Winkelmanns zu: Edle Einfalt, stille Größe!

Eben dieses Zitat lässt sich auch auf die weithin bekannte Konzertreihe „Himmeroder Orgelsommer“ übertragen. Mit typischem „britischen Understatement“ sind hier regelmäßig renommierte Konzert- und Kathedralorganisten aus Großbritannien zu erleben. Sie verstehen es wie nur wenige ihrer kontinentalen Kollegen, mit ausgesuchten Programmen ihr Publikum in einem positiven Sinne ebenso zu unterhalten wie auch zu erfreuen. Hier ist weniger mehr, und so müssen sie nicht pausenlos zeigen, wozu sie technisch fähig sind. Eben dies honoriert das Publikum, fühlt sich eingebunden ins Geschehen. Sicherlich mit einer der Gründe, warum man in Himmerod nicht über mangelnden Besucherzuspruch klagen muss. Hinzu kommt aber auch die besondere Atmosphäre des Ortes, die einen Konzertbesuch in Himmerod zu einem bleibenden Erlebnis werden lässt.

Und nun kommt zur Eröffnung des diesjährigen Orgelsommers noch unverhofft königlicher Glanz aus „good old Britain“ in die Abgeschiedenheit der Eifel. Kein geringerer als der Organist Ihrer Königlichen Majestät von Großbritannien wird den Reigen der sommerlichen Konzerte am 1. Juli eröffnen. James Vivian, Organist und Chorleiter an der St. George’s Chapel von Windsor Castle, dürfte derzeit wohl einer der bekanntesten Kirchenmusiker Englands sein. Noch vor kurzem war er vor einem Millionenpublikum bei der Fernsehübertragung der königlichen Trauung von Prinz William und Meghan Markle zu sehen.

Nicht weniger bekannt in der britischen Orgelszene ist James O’Donnell. Vor seiner Ernennung zum Organist and Master of the Choristers of Westminster Abbey im Jahr 2000 war er 12 Jahre lang an der in unmittelbarer Nachbarschaft zur Abbey gelegenen Westminster Cathedral, der römisch-katholischen Bischofskirche Londons, tätig. Seine musikalische Ausbildung erhielt James O’Donnell am Londoner Royal College of Music sowie am Jesus College in Cambrigde. Prägende Orgellehrer dieser Zeit waren Peter Hurford, Nicolas Kynaston sowie David Sanger. Und auch Colin Walsh, langjähriger Organist der Kathedrale von Lincoln, ist ein profilierter Vertreter der britischen Orgelzunft und zum wiederholten Male Gast in Himmerod.

Erneut mit dabei ist Kent Tritle aus New York, der neben seiner Arbeit an der Katehdrale St. John the Devine auch als ständiger Organist der weltberühmten New Yorker Philharmoniker fungiert. Hansjörg Albrecht hat nicht nur als brillanter Organist einen Namen, er ist auch ein von renommierten Orchestern häufig angefragter Dirigent und zudem Leiter des bekannten Münchener Bachchores. Die viel gerühmte französische Orgeltradition schließlich ist vertreten durch Fabien Chavrot aus Paris. 2016 erhielt er von der Fachzeitschrift „Organ – Journal für die Orgel“ die Auszeichnung „Organist of the Year“.

Mehr zur Himmeroder Orgel und zu den Konzerten finden Sie auf der Homepage des Klosters: www.abteihimmerod.de